Article note: #tolleidee! :-) #zustimm

Herman Gordon arbeitet seit 12 Jahren als Reinigungskraft an der Universität Bristol. Leider ist das Geld, das er dabei verdient, meistens knapp, so dass er nur selten seine Familie in Jamaika besuchen kann. An der Uni schätzt man und mag ihn sehr. Wohl auch um ihm das zu zeigen, haben Studenten der Uni eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die dafür sorgen soll, dass Herman mit seiner Frau mal wieder Urlaub machen kann. In kürzester Zeit kamen so 1500 britische Pfund zusammen, die ihm dann übergeben wurden. Ohne, dass er auch nur den Hauch einer Ahnung hatte. Dementsprechend groß ist die Überraschung.

Und ja, es ist ein Problem, dass Menschen, die jeden Tag arbeiten, sich keinen Urlaub leisten können und Aktionen wie diese lösen das Problem nicht. Aber: es ist dennoch eine Geste der Empathie und der Menschlichkeit, die jemanden Freude bereitet und niemandem wehtut.

Article note: #didntknow :-|
Die Stadtbibliothek in Stuttgart (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Tobias Fischer

Trotz klarer Vorteile ist das eBook in Deutschland auf dem absteigenden Ast. Nach dem Verkaufshöhepunkt 2015 verstauben die dafür nötigen Lesegeräte in vielen Haushalten. Absatzzahlen zufolge waren im ersten Quartal diesen Jahres nur rund 5% der verkauften Bücher eBooks. Die Skepsis gegenüber digitalem Lesen ist nach wie vor groß: Die Lesegeräte können eine ganze Bibliothek in sich aufnehmen, sind unterwegs praktisch und sparen Zuhause viel Platz. Trotzdem, meinen viele, fühlt sich das Lesen auf Papier einfach besser an. Dagegen lässt sich schwer argumentieren. Dass eBooks meist nur ein bis zwei Euro günstiger als das gedruckte Buch sind, hilft dem Medium allerdings auch nicht.

Beim traditionellen Lesen gibt es eine Alternative: Wer nicht für jedes Buch einzeln zahlen will oder kann, kann es sich ausleihen. Öffentliche Bibliotheken haben schon lange vor dem Internet eine Infrastruktur geschaffen, die unabhängig von Einkommen und sozialem Status Zugang zu Wissen ermöglicht. In der digitalen Welt, möchte man meinen, muss das doch noch einfacher sein. Doch die Entwicklung verläuft schleppend.

Zugang zu digitalen Büchern bietet die Onleihe. Die Plattform startete vor gut zehn Jahren und wickelt für zahlreiche Bibliotheken in Deutschland den den Online-Verleih von digitalen Büchern ab. Das Konzept leidet allerdings bis heute an zahlreichen Kinderkrankheiten.

Die Stadtbibliothek im Internet

Die Onleihe ist leicht zu erklären: eBooks, Hörbücher und viele andere Medien mehr können über das Internet ausgeliehen werden, ohne dass man physisch zur Bibliothek gehen muss. Vor kurzem hat es der Eigenname sogar in den Duden geschafft. Onleihe, die: Kurzwort aus online und Ausleihe. Die Plattform wirkt ansprechend, bibliotheksnah und irgendwie vertraut. Das Webdesign ist ein wenig altbacken, auf der Startseite grüßt ein bemühter Werbeclip. Allein der Netzauftritt der Onleihe erzeugt die Atmosphäre einer staubigen Kleinstadtbibliothek.

Der Lesestoff sollte mit dem eBook-Reader am Strand nicht ausgehen. Aber wie kommt man an die Bücher? Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Maarten van den Heuvel

Gut dreitausend deutsche Bibliotheken von Flensburg bis Konstanz sind mittlerweile dabei und fungieren als Vermittler zwischen Nutzer und digitaler Datenbank. Wer einen Bibliotheksausweis besitzt und sich online registriert, ist dabei. Neben mehreren Flatrate-Anbietern wie Amazon, die eine monatliche Pauschale verlangen, lobte Stiftung Warentest die Onleihe für ihr vielfältiges Angebot und erklärte sie zum Preis-Leistungs-Sieger. Zeit, sie einmal genauer zu untersuchen.

Erst mal Software installieren

Auf onleihe.net, der Website des Onleihe-Betreibers divibib GmbH, finde ich unter dem Punkt Anleitung eine farbenfrohe Grafik, die den Ablauf erklärt. Im Browser oder über eine App wähle ich das Buch, das ich ausleihen will, melde mich mit meinem Bibliotheksausweis an und soll die Datei direkt herunterladen können. Danach könne ich das entliehene Medium nutzen und müsse mich noch nicht einmal um das Zurückgeben kümmern, da der Titel nach Ende der Leihfrist von selbst unbrauchbar wird. Das klingt auf den ersten Blick angemessen und nutzerfreundlich.

Die Grafik des Anbieters unterschlägt das Adobe-DRM. All rights reserved onleihe.net

Wirft man einen Blick auf die detaillierte schriftliche Anleitung findet sich jedoch ein wichtiger Punkt, den die Grafik nicht erwähnt: „Installieren Sie auf Ihrem Computer folgende Software für die Nutzung von eBooks: den Adobe Acrobat Reader und Adobe Digital Editions“. Wer das geschafft hat, erhält die nächste Aufgabe: „Autorisieren Sie Adobe Digitale Editions mit einer Adobe ID um die eBooks auf dem eReader übertragen zu können“. Moment mal, mein Bibliotheksausweis reicht also nicht? Ich brauche eine Adobe ID? Was ist das überhaupt?

Onleihe als Datensauger

Ein Link bringt mich zum Anmeldeformular von Adobe, wo ich Name, E-Mail und Geburtsdatum angeben soll. Zudem wollen zwölf A4-Seiten Nutzungsbedingungen und sieben weitere über Datenschutzrichtlinien akzeptiert werden. Darin heißt es unter anderem, dass ich dem US-Unternehmen erlaube, meine Daten „zu verwenden“ und „an Dritte weiterzugeben“. Durch Nutzung der Onleihe erfährt Adobe unter anderem folgendes: eindeutige Kennziffern, die mein Benutzerkonto und Gerät identifizieren, meine IP-Adresse und damit meinen ungefähren Standort, welche Bücher ich lese, wie lange ich sie lese und wie viel des jeweiligen Buches ich wirklich gelesen habe. Das sind zu viele persönliche Daten, bloß um ein Buch zu lesen: Zur rein technischen Aufrechterhaltung des Angebot ist davon höchstens die Benutzer-ID nötig.

An diesem Punkt endet wohl bei einigen Interessierten schon die Bereitschaft, das Angebot zu nutzen. Ein Blick in das offizielle Nutzerforum zeigt, dass die Probleme hier erst richtig beginnen: Linux-Nutzer werden mangels wirklicher Unterstützung auf Wine verwiesen. Mac-Nutzer müssen nachlesen, welche Version ihres Betriebssystems mit welcher Adobe-Version funktioniert. Mehr als zwanzigtausend Mal wurde der Beitrag gelesen, der auf teils kostenpflichtige Zusatzsoftware verweist und erklärt, dass manche Features mit einer neuen Adobe-Version leider schlichtweg nicht mehr funktionieren. Apple und Adobe würden bei Problemen auf den jeweils anderen verweisen, heißt es da. Selbst bei Windows-Nutzern, für die die Software eigentlich konzipiert ist, scheinen Probleme mit der Adobe-Software und Windows 10 aufzutreten.

Ein Buchladen in Warschau (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com freestocks

Dr. Jörg Meyer, Geschäftsführer der Mutterfirma der Onleihe, erklärte gegenüber netzpolitik.org, dass man sich der Probleme bewusst sei: „Gerade bei den E-paper erweist sich Adobe als sperriges System, in den Updates wurden für unsere Nutzer wichtige Funktionen nicht mehr unterstützt. Den Unmut bekommen die Bibliotheken und natürlich die divibib ab. Ferner ist die Registrierung über den Adobe kompliziert und nicht mehr zeitgemäß.“

Die Schwierigkeiten seien der raschen Weiterentwicklung neuer Angebote geschuldet. „Als die Onleihe vor über 10 Jahren an den Markt ging“, sagte Meyer, „gab es weder ein iPhone, Apps oder ePubs… Das zu dem ‚historischen‘ Hintergrund“.

Kernproblem Urheberrecht

Der Schutz geistigen Eigentums hat sich im Zuge der Digitalisierung zu einem Thema entwickelt, das neu verhandelt wird und werden muss. Ein Kopierschutz nach Art Adobes, der eBooks verschlüsselt und nur demjenigen, der das Buch gerade ausleiht, eine autorisierte Einsicht ermöglicht, darf dabei nicht mehr als eine Übergangslösung sein.

Hier zeigt sich ein Problem, das ähnliche Formen der Digitalen Rechteverwaltung (DRM) zuvor auch schon hatten: Diejenigen, die Bücher rechtmäßig ausleihen, werden vor größere Schwierigkeiten gestellt als solche, die die eBooks unrechtmäßig herunterladen. In puncto Datenschutz, technische Hindernisse und Angemessenheit ist die Adobe-Software ein Fiasko. Adobe war laut Meyer „damals mit seinem DRM der einzige marktgängige Standard“. Doch ist das Jahre später überholt, das scheint auch den Betreibern der Onleihe klar zu sein. Und immerhin: man prüfe „alle relevanten im Markt verfügbaren DRMs“, sagt der Geschäftsführer.

Alle eBooks sind verliehen

Als Grund für den restriktiven Umgang mit den digitalen Büchern verweisen die Onleihe-Betreiber auf die rechtlichen Gegebenheiten. Im November 2016 bestätigte der Europäische Gerichtshof die Praxis, dass mit eBooks genau wie mit physischen Büchern umzugehen sei. Es gelte das Prinzip, dass jede Ausgabe nur einmal verliehen werden darf. Die Onleihe nimmt damit die größte Schwäche der herkömmlichen Bibliothek ins Netz mit. Wer gern aktuelle Bestseller liest, verbringt auch bei der Internet-Ausleihe gern Wochen auf der eBook-Warteliste.

Das gegenwärtige Onleihe-System ist verbesserungswürdig. Festzuhalten ist, dass die Onleihe gegenwärtig zahlreiche Nutzer ausschließt. Teils aufgrund von Datenschutzbedenken, teils wegen banaler technischer Probleme. Der Ansatz eines gemeinsamen Portals der Bibliotheken, die wiederum ihren Nutzern Zugang zu digitalen Medien ermöglichen, ist sehr gut. Die Umsetzung könnte deutlich besser sein. Denn das Projekt lohnt sich: Gerade junge Menschen sind laut einer Studie des Branchenverbandes Bitkom (pdf) dem Medium eBook gegenüber aufgeschlossen und entdecken damit einfacher das Lesen für sich.

Eine zugängliche Bibliothek im Internet, am besten gesamteuropäisch und mehrsprachig, wäre darum ein großer Gewinn. Diesem Anspruch und dem öffentlichen Auftrag der Bibliotheken wird die Onleihe nicht gerecht. Noch sabotieren Kopierschutz, unflexibles Urheberrecht, teils lange Wartezeiten und Softwareprobleme das Potential, das das Medium eBook bietet. Wenn man es wie ein gedrucktes Buch behandelt, kann man ebenso gut darauf verzichten. Denn gerade darin, dass man eBooks mühelos beliebig vervielfältigen und teilen kann, liegen ihr große Chance.

Für eine Lösung ist einiges an Umstrukturierung nötig. Wie auch immer eine wirkliche digitalisierte Bibliothek aussehen wird – sie sollte in vielen Punkten anders als die Onleihe sein.

Update: Und tatsächlich, erste Umstrukturierungen scheint es zu geben. Wie die Betreiber der Onleihe bekanntgaben, will man sich vom desaströsen Adobe-DRM verabschieden. Bis Mitte 2019 soll die bisherige Software komplett durch die DRM-Sofware CARE des französischen Herstellers TEA abgelöst werden. Zusatzsoftware auf den Rechnern der Nutzer wird damit nicht mehr nötig sein, welche persönlichen Daten erhoben werden, ist aber noch unklar. Zumindest die Nutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit dürfte sich aber verbessern.

An der DRM-Problematik dürfte sich dadurch allerdings leider wenig Grundlegendes ändern. Zudem verlieren wohl hunderttausende ältere Reader wegen mangelnder Updates mit der neuen DRM-Software ihren Zugang, da sich viele Hersteller mittlerweile aus dem Markt zurückgezogen haben.

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Article note: #nc #tolduso!!1!

Dieses PDF (Deceived by Design) sollte im Grunde jeder gelesen haben, der Google, Facebook oder Microsoft Windows in irgendeiner Form nutzt:

How tech companies use dark patterns to discourage us from exercising our rights to privacy.

Die Studie umfasst ingesamt 44 Seiten und stammt von der Norwegian Consumer Council. Ein kleiner Auszug:

In this report, we analyze a sample of settings in Facebook, Google and Windows 10, and show how default settings and dark patterns, techniques and features of interface design meant to manipulate users, are used to nudge users towards privacy intrusive options. The findings include privacy intrusive default settings, misleading wording, giving users an illusion of control, hiding away privacy friendly choices, take-it-or-leave-it choices, and choice architectures where choosing the privacy friendly option requires more effort for the users.

Facebook and Google have privacy intrusive defaults, where users who want the privacy friendly option have to go through a significantly longer process. They even obscure some of these settings so that the user cannot know that the more privacy intrusive option was preselected.

Google, Facebook und Microsoft geben sich also die größte Mühe Kontrolle vorzutäuschen, Einstellungen zu verstecken, diese missverständlich darzustellen oder den Nutzer mit irreführenden Formulierungen vom Schutz seiner Privatsphäre abzuhalten.

Zusammengefasst: Diese Unternehmen investieren vermutlich Millionen von Dollar dafür, um dem Nutzer eine Illussion von Kontrolle zu vermitteln. Endlich ist das mal in einer Studie dargestellt – ich behaupte das ja schon seit Jahren.

Lesebefehl! Danke Izzy!

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Article note: 5.7. im Thalia Potsdam #cuthere :-)

Ein neuer Film befasst sich anlässlich des Hamburger G20-Gipfels sehr kenntnisreich und künstlerisch gelungen mit der deutschen Polizeiarbeit. Doch es fehlen die Gründe für den Protest und die Menschen, die sie getragen haben